Studium & Kooperationen

Schwerer Rückschlag für den Schutz vor häuslicher Gewalt

Gemeinsame Stellungnahme des Studiengangs Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) zur Streichung von BIG-Präventionsprojekt und den Folgen für den Kinderschutz, die Ausbildung angehender Sozialarbeiter:innen und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung im Kampf gegen häusliche Gewalt.

© EHB

Häusliche Gewalt ist kein Randphänomen, sondern eine gesellschaftliche Realität, die Sozialarbeiter:innen in ihrem Berufsalltag in vielfältigen Kontexten begegnet. Umso erschreckender ist die Entscheidung der Berliner Landesregierung, die Finanzierung eines deutschlandweit einzigartigen Präventionsprojekts von BIG e.V. (Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen) an Grundschulen vollständig zu streichen. Diese Maßnahme sendet ein fatales Signal in einer Zeit, in der Gewalt gegen Frauen und Kinder nachweislich zunimmt.

“Die Streichung der Präventionsarbeit von BIG e.V. zeigt, dass Gewaltprävention politisch keine Priorität hat – dabei wissen wir aus der Praxis und Forschung, dass frühzeitige Aufklärung und Prävention entscheidend sind, um Gewaltkreisläufe zu durchbrechen“, kritisiert Prof.in Dr. Stefanie Sauer, die im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit sowie im Masterstudiengang Beratung in der Sozialen Arbeit der Evangelischen Hochschule Berlin lehrt.

Die EHB hat in den vergangenen Jahren aktiv mit dem Projekt BIG e.V. zusammengearbeitet, um Studierenden praxisnahe Einblicke in die Anti-Gewaltarbeit zu ermöglichen. Jüngst, im Januar 2025, erhielten Studierende des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit wertvolle Impulse durch Fachvorträge und Selbsterfahrungsformate mit Mitarbeiterinnen von BIG e.V. Auch auf internationaler Ebene zeigte sich die Bedeutung der Thematik: Im Dezember 2024 tauschten sich Studierende der EHB während einer Studienreise nach Vietnam mit Sozialarbeiter:innen des ersten Frauenhauses in Hanoi aus, um globale Perspektiven auf häusliche Gewalt zu diskutieren.

Mit der Kürzung der Mittel für BIG-Prävention wird nicht nur ein essenzielles Schutzprogramm für Kinder und Familien beendet, sondern auch die Möglichkeit für angehende Sozialarbeiter:innen eingeschränkt, von praxisnahen Schulungsangeboten zu profitieren. 

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Gewalt gegen Frauen ist ein Alltagsphänomen in Deutschland und nimmt weiter zu. Im Jahr 2023 waren laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes 24,3 % aller in Deutschland erfassten Opfer von Straftaten Betroffene von häuslicher Gewalt; Fachleute gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bei 45 % liegt. Fast 80 % der Gewaltopfer sind Frauen, und 60 % der betroffenen Frauen leben mit Kindern im Haushalt. Diese sind durch miterlebte oder selbst erfahrene häusliche Gewalt ebenfalls erheblich gefährdet. Die alarmierenden Zahlen zeigen, dass häusliche Gewalt längst kein Randproblem mehr ist, sondern in allen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit thematisiert werden muss.

„Gewalt gegen Frauen ist Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern und hat zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt.“ (Istanbul-Konvention 2011, Präambel, S.3)

In Deutschland ist die Istanbul-Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft getreten und verpflichtet das Land seither zu umfassenden Maßnahmen gegen alle Formen von Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Besonders relevant ist in diesem Kontext Artikel 15 der Konvention, der die Bereitstellung geeigneter Aus- und Fortbildungsangebote für Berufsgruppen fordert, die mit Opfern oder Tätern in Kontakt kommen. Daher ist es essenziell, dass auch die akademische Ausbildung von Sozialarbeiter:innen dieses Thema angemessen behandelt und entsprechende Praxisprojekte wie die Zusammenarbeit mit BIG e.V. fortgeführt werden können.

Sibylle Baluschek, M.A.

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Prof. Dr. phil. Stefanie Sauer

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