Grenzen überschreiten – Perspektiven erweitern: Trinationaler Austausch zu Migration und Sozialer Arbeit
Ein europäischer Austausch, der bewegt: Das Blendes Intensive Programme (BIP) 2025 vereinte Studierende und Lehrende aus drei Ländern, um Sozialarbeit im Kontext von Migration und Erinnerung neu zu denken – praxisnah, interaktiv und interkulturell.

Trinationaler Austausch „Soziale Arbeit mit internationaler Perspektive“
Vom 19. bis 23. Mai 2025 fand das 2. Blended Intensive Programme (BIP) des Trinationalen Projektes „Soziale Arbeit mit internationaler Perspektive“ an der Hochschule Neubrandenburg und der EHB statt. 32 Studierende und 8 Lehrende der LAB University of Applied Sciences Lahti (Finnland), der Faculty of Social Sciences der ELTE Universität Budapest (Ungarn), der Hochschule Neubrandenburg und der EHB trafen sich drei Tage in Neubrandenburg und danach in Berlin. Der Fokus des diesjährigen Studienaustauschs, der bereits im April mit einer gemeinsamen Onlineveranstaltung startete, lag auf der Adressat:innen-Perspektive und der Bedeutung von Familie im Kontext von Migration und Flucht. Die Studierenden beschäftigten sich mit den unterschiedlichen Gründen, Formen und Herausforderungen von Migration/Flucht und ergründeten, wie sie als Fachkräfte den spezifischen Herausforderungen methodisch gerecht werden können.
Der internationale Austausch zu diesen Themen wurde durch die Besuche aktueller Praxisprojekte sowie die historisch-politische Einbettung des Umgangs mit Adressat:innen der Sozialen Arbeit angeregt und durch themenspezifische Impulse und Diskussionen vertieft. In Neubrandenburg haben die Teilnehmenden zunächst die Fachstelle Mehrsprachigkeit M-V in Trägerschaft der RAA Demokratie und Bildung Mecklenburg-Vorpommern e.V. besucht. Hier werden Fachkräfte und Familien bei der Entwicklung einer diversitätsbewussten und mehrsprachigkeitsoffenen Praxis unterstützt, um die Bildungschancen und soziale Teilhabe aller Kinder und Familien zu stärken. Die Mitarbeitenden des Vereins Polylux e.V. mit dem Familientreff Caribuni im Neubrandenburger Plattenbaugebiet Datzeberg sensibilisierten für die Möglichkeit einer empowernden Gemeinwesenarbeit in einem sozialstrukturell benachteiligten Wohngebiet. In Berlin lernten die Studierenden mit dem Projekt Stadtteilmütter Neukölln und Jugendmigrationsdienst zwei langjährig bewährte niedrigschwellige Angebote für Migrant:innen und Geflüchtete des Diakoniewerkes Simeon in Berlin-Neukölln kennen und erhielten bei einem Besuch im Pangea-Haus Einblicke in die Bildungs- und Beratungsarbeit zur Bekämpfung des Antiziganismus der Hildegard-Lagrenne-Stiftung.
Ein Schwerpunkt des diesjährigen BIP-Projektes lag auf dem Besuch von Erinnerungs- und Gedenkorten als Ausdruck des historischen wie des aktuellen soziokulturellen Selbstverständnisses von Gesellschaften. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit die Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse (bei Neubrandenburg) kennenzulernen (siehe Link unten). Zwischen 1935 und 1941 diente Alt Rehse als NS-Musterdorf der „weltanschaulichen Schulung“ von etwa 10.000 bis 12.000 Ärzten, Apothekern, Hebammen und anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen. Die beeindruckende Führung über das Gelände der ehemaligen „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ löste eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Verstrickung von Sozial- und Gesundheitsberufen in die verbrecherische NS-Ideologie der „Rassenhygiene“ und ethische Fragen der Gegenwart aus.
In Berlin besuchten die Studierenden und Lehrenden das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung (sie Link unten). In der ständigen Ausstellung werden aktuelle und historische Fluchtbewegungen aus den Perspektiven der Opfer nachgezeichnet und mit ihren gesellschaftlichen Ursachen und Wirkungen kontextualisiert. Die an fachlichem Input und regem Austausch reiche intensive week erhielt eine besondere Qualität durch zwei City Walks, die von zwei Vertreter:innen marginalisierter Gruppen angeleitet wurden. Vermittelt und organisiert von querstadtein – Für eine Welt ohne Ausgrenzung e. V. wurde eine Gruppe von Polina durch das Viertel um den Kollwitzplatz geführt und erfuhr mehr über die Geschichte der Flucht von Moskau nach Berlin eines jungen queeren russisch-ukrainischen Paares. Ihre Tour Queere Liebe in Zeiten des Krieges thematisierte Handlungsmöglichkeiten von queeren Menschen, die im Zuge des russischen Angriffskriegs Russland und die Ukraine aufgrund zunehmender Verfolgung verlassen mussten und müssen. Muhammad, ein politischer Aktivist, Fotograph, Streetworker, der selbst aus politischen Gründen Gambia verlassen musste, führte während der Tour Kreuzberg behind the Scenes: The Making of a Diverse Neighbourhood eine zweite Gruppe durch „sein“ Kreuzberg, das Viertel um den Görlitzer Park. Hierbei wies er auf viele Aspekte des Zusammenlebens in der postmigrantischen Gesellschaft hin, die sich aus der Perspektive der weißen Mehrheitsgesellschaft nicht unmittelbar erschließen.
Beim abschließenden Besuch an der EHB am 23. Mai wurden die Ergebnisse und Erfahrungen der Teilnehmer:innen des BIP im Format eines World Café zusammengetragen und ausgewertet. Hierbei konnten bereits erste Pläne für das kommende 3. BIP im Mai 2026 in Lahti/Finnland gefasst werden.
Die Studierenden der Host-Hochschulen waren aktiv in die Planung und Ausgestaltung des Austausches beteiligt, auch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement im Vorfeld wie während der gesamten Woche.
Prof.in Dr.in Stefanie Sauer, Professorin für Soziale Arbeit, EHB / Prof.in Dr.in Júlia Wéber, Professorin für Migrationsgesellschaft und Demokratiepädagogik Hochschule Neubrandenburg

Prof. Dr. phil. Stefanie Sauer
Position Professur für Soziale Arbeit
E-Mail stefanie.sauer@eh-berlin.de
Ort/Büro D 209, D-Gebäude

Sibylle Baluschek, M.A.
Position Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Leitung Stabsstelle
Telefon +49 (0) 30 845 82 262
E-Mail sibylle.baluschek@eh-berlin.de
Ort/Büro A 109, A-Gebäude
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