Forschungsbereich 2: Interprofessionelle Versorgungsforschung

Die ambulante Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Neben Unter- und Überversorgung kommt es auch zu Fehlversorgungen. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass immer mehr Personen bei minderschweren Gesundheitsproblemen die Notaufnahmen der Krankenhäuser aufsuchen oder den Rettungswagen rufen, während das Verhältnis von Personal zu betreuten Patient:innen bspw. in der Geburtshilfe nicht mehr zu verantworten ist. Die Defizite der facharztzentrierten Versorgung könnten unter anderem durch eine Übertragung von Kompetenzen und Verantwortungen auf Community Health Nurses (CHN) kompensiert werden, da auch das bisherige Hausärztliche System an seine Grenzen stößt. Bislang existiert kein etabliertes Arbeitsfeld für CHN. Dabei wird der Einfluss der Versorgungskompetenzen von Pflegefachkräften unterschätzt.

Darüber hinaus und bedingt durch die Altersentwicklung in der bundesdeutschen Bevölkerung besteht ein Bedarf der Weiterentwicklung hin zu verstärkter Kompetenz-, Verantwortungs- und Tätigkeitsübernahme bisheriger ärztlicher Tätigkeiten durch Gesundheitsberufe. Dabei sind digitale Unterstützungsformate wie Telemedizin/Telepflege in der Erprobung und kommen zunehmend in die Anwendung. Sie sind ein wichtiger Rahmen für eventuelle Übernahmen von ehemals ärztlichen Tätigkeiten und der Forschungs- und Prüfbedarf erscheint hier groß. Daneben ergibt sich ein großer Reformbedarf in den gesetzlichen Grundlagen einer solchen Entwicklung. Dieser sollte durch die beteiligten Gesundheitsberufsgruppen forschungsbegleitet werden. 

Schließlich scheint auch die Notfallversorgung in Katastrophensituationen wenig koordiniert und unterausgestattet. Eine alleinige arztgestützte Vorgehensweise ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausreichend. Vergangene Katastrophen in anderen Ländern haben gezeigt, dass vollumfänglich auf spezialisierte Pflegefachpersonen zurückgegriffen werden muss, um den Versorgungsanspruch zu gewährleisten. Gleichwohl ist dabei problematisch, dass in der pflegerischen Versorgung ein eklatanter Personalmangel besteht: Diesem ist zeitgleich durch verbesserte Einkommen, erweiterte eigeständige Verantwortungsbereiche und somit eine erhöhte Attraktivität des Berufes entgegenzuwirken.

Projekte in diesem Forschungsbereich sind fokussiert auf ...

  • Einfluss der Community Health Nurses (CHN) auf die Versorgungsrealität chronisch kranker Menschen und auf akut erkrankte Menschen im ländlichen Bereich
  • Einfluss der ärztlichen Versorgungsarbeit auf die Versorgungsaufgaben der CHN bzw. Entwicklung von interprofessionellen Versorgungsstrukturen unter Zuhilfenahme der CHN
  • Einfluss der CHN auf die Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund, sozial benachteiligt, kognitiv eingeschränkt in die Versorgungslandschaft
  • Einfluss von CHN auf health literacy und health behavior im Kontext des healthy choice
  • Analyse des Anteils der Kostenträger an einem CHN Modell in der Versorgung der Bevölkerung, politischer Voraussetzungen und des Änderungsbedarfes
  • Die Erprobung und Implementierung von CHN im ambulanten Versorgungsbereich
  • Einfluss der Versorgungskompetenzen und –Felder von CHN auf das Schmerz- oder Wundmanagement sowie die Klima Resilienz im Quartier
  • Schmerztherapie als komplexe Versorgungsform in der akut- und chronischen Pflegesituation und Anteil der professionellen Pflege in der palliativen Schmerztherapie, insbesondere besonders kritischer Gruppen wie Kinder und Jugendliche und Demenz erkrankter Menschen bzw. psychisch alterierter Menschen
  • Analyse der Akutversorgungsstrukturen bezüglich ihrer Effizienz, auch Schnittstellen und Überleitungsorganisation der einzelnen Sektoren in beide Richtungen (Aufnahme <-> Entlassung)
  • Analyse bestehender und zu entwickelnder digitaler Instrumente zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Akutversorgung und Langzeitversorgung (“Telemedizin/Pflege”)
  • Einfluss klimabedingter Gesundheitsprobleme auf die Notfallversorgung
  • Disasterprogramme, Disasternursing und Begleitforschung zur Akzeptanz in der bundesdeutschen Gesellschaft einer erweiterten Aufgabenübernahme durch professionell Pflegende gegenüber. Prüfende Forschung zu Beratung und Prophylaxe bezüglich zukünftiger Klimaereignisse durch professionell Pflegende

Ansprechpersonen

Für die Forschungs- und Transferaktivitäten in diesem Forschungsbereich sind folgende Kolleg:innen der EHB ansprechbar:

Ausgewählte Projekte

In diesem Forschungsbereich sind an der EHB bereits folgende Forschungs- und Transferprojekte realisiert worden:

  • Familiengesundheitsversorgung und Risikotraining (Grieshop)
  • Interprofessionelles Lehren und Lernen in Medizin, Ergo-, Physiotherapie und Pflege (2013-2017, Heinze)
  • Kohortenstudie zur Lebensqualität in der stationären Langzeitpflege (2007-2011, Heinze)
  • Lebenswelten von Menschen mit Demenz und türkischem Migrationshintergrund (Feldhaus-Plumin)
  • Palliative Versorgung von dementiell veränderten Menschen und Schmerzmanagement am Lebensende (Feldhaus-Plumin)
  • Prävalenzerhebungen zu ausgewählten Pflegeproblemen (2001-2011, Heinze)

Projektleitung und Ansprechperson

© EHB

Dr. Steffen Amling

Position Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Schwerpunkt Forschung im Bereich Soziales, Gesundheit und Bildung

Arbeitsbereich(e) Referent für Forschung

Telefon +49 (0) 30 585 985 614

E-Mail steffen.amling@eh-berlin.de

Büro EHB-Heimat 27, 1. OG, Raum G 204

Sprechzeiten Nach Vereinbarung (E-Mail)

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